Architektur der Martin-Luther-Kirche

Die Martin Luther Kirche steht in prominenter Lage an der Ecke von Bebelallee und Hindenburgstraße. Ihr Haupthaus orientiert nach zwei Seiten. Parallel zur Bebelallee liegt die Langseite des großen Gotteshauses. Seine Wände aus hellem, ockerfarbenem Ziegelstein sind mit Ausnahme weniger - von außen blasser- Oberlichter geschlossen.

Zur Hindenburgstraße dagegen tritt vor allem die Silhouette ihres Turmes in Erscheinung. Sein schlanker Fingerzeig kündigt schon von Weitem die Kirche an. Aber – und das hinterlässt eine erste Irritation: der Turm ist nicht Teil des Gotteshauses selbst und bekrönt nicht das Dach: deutlich vom Gotteshaus abgerückt steht er ein Stück entfernt und spannt zwischen beiden eine Art überbreiten Zugang auf; etwas, das mit viel Phantasie Teil eines Kirchplatzes gewesen sein könnte, ein Platz der Gemeinschaft, ein Ort für Feste vielleicht.

Am Ende des Zugangs von der Hindenburgstraße angekommen, mag die Irritation nicht weichen. Denn quer zu ihm erstreckt sich ein langer überdachter Laubengang. Von ihm aus kann nicht nur die Kirche betreten werden, sondern auch weitere Gebäude: ein Gemeindehaus, der Kindergarten und die Krippe. Oberlichter in seiner Decke markieren die Eingänge der Häuser und werfen ihren hellen Schatten auf die Pflasterung. Weil der gleiche ruhige Farbton des ockerfarbenen Ziegels auch hier das Material der Gebäude bildet, erkennt man nun, dass die Abrückung des Kirchturms von der Kirche kein Zufall gewesen sein kann. Denn diese Kirche, die auf den ersten Blick nur aus sich selbst zu bestehen scheint, entpuppt sich vielmehr als Ensemble verschiedener Gebäude.

Das ursprünglich geplante Gebäudeensemble

Ihren Mittelpunkt bildete ein großer Kirchhof, der vom Kirchturm und Gemeindehaus im Norden eingefasst werden sollte. Nach Westen, zur lauten Straße des Hindenburgdammes sollte der Kirchhof durch eine nie gebaute offene und begrünte Pergola von der Straße abgeschirmt werden - ein offener Filter, der dem Kirchhof eine ruhige, heitere Atmosphäre gegeben hätte, ohne ihn aber hermetisch von der Straße und dem Leben der Stadt abzutrennen. Vom Kirchhof als Zentrum des Gemeindelebens hätte die offene Pergola das Rückgrat gebildet, das die unterschiedlichen Gebäude miteinander verbunden hätte. Als beidseitig offener Laubengang wäre er das Pendant zum westlichen Abschluss des Kirchhofs geworden; ein offener Weg zwischen dem Grün der angrenzenden Gärten und dem Kirchhof.

Die Chance, den ursprünglichen Entwurfsgedanken zum Leben zu erwecken, wird sich nur schwer ergeben. Denn dazu müssten das leer stehende ehemalige Gasthaus und seine Nebenbauten dem ursprünglich geplanten Kirchhof weichen. Die Möglichkeit aber, im Zuge einer Neubebauung die Gemeinde und ihre Bauten zumindest wieder mit der Stadt in eine architektonisch-städtebaulich sinnvolle Beziehung zu setzen, würde es vermögen, dem Ort wieder die Bedeutung zu geben, die ihm einst zugedacht war: Ort einer Gemeinde UND Teil der Stadt zu sein.

Quelle: Dipl. Ing. Felix Schmuck –  Architekt der Hafen-City-Universität Hamburg